21.10. Bürgerzentrum Neuenheim, Heidelberg
Die Energiewende ist eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre – für Baden-Württemberg ebenso wie für Heidelberg. Unter dem Titel „Zukunft erneuerbar machen!“ war ich am 21. Oktober im Bürgerzentrum Neuenheim in Heidelberg zu Gast, gemeinsam mit Florian Kollmann, der dort für den Landtag kandidiert. In meiner Funktion als Spitzenkandidatin der Grünen Jugend und Landtagskandidatin haben wir gemeinsam darüber gesprochen, wie eine konsequente, gerechte und nachhaltige Energiewende gelingen kann – und welche Rolle Kommunen, Wirtschaft und Wissenschaft dabei spielen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Lilly Fuchs von der Grünen Jugend Heidelberg.
Wir Grünen sind überzeugt: Klimaschutz gelingt nur mit starken Kommunen. Sie sind die Schlüsselakteure der Transformation. Das Land muss ihnen die Mittel, Planungssicherheit und Gestaltungsspielräume geben, um diese Verantwortung auch beim Klimaschutz wirksam wahrnehmen zu können. Denn der Umbau unseres Energiesystems findet vor Ort statt, in Stadtwerken, auf Dächern, in Quartieren und Betrieben.
In der Diskussion wurde deutlich: Die Energiewende ist längst eine Erfolgsgeschichte, auch in Baden-Württemberg. Allein 2024 wurden 2,1 Gigawatt Photovoltaikleistung neu installiert, so viel wie nie zuvor und deutlich über dem Bundesschnitt. Die kommunale Wärmeplanung aus Baden-Württemberg gilt mittlerweile bundesweit als Vorbild. Und auch wenn der Ausbau der Windenergie in Baden-Württemberg aufgrund der Topografie herausfordernd bleibt, erleben wir einen regelrechten Aufbruch: Bisher sind rund 800 Anlagen in Betrieb, und allein im Juni 2025 wurden über 1.100 neue beantragt, ingesamt inzwischen über 1700. Jetzt heißt es: dranbleiben, gerade mit einem fairen Referenzertragsmodell, das auch windschwächere Standorte wirtschaftlich macht.
Klar ist auch: Elektrifizierung ist der Schlüssel. Ein erneuerbares Stromsystem ist das Rückgrat der Energiewende und zugleich Grundlage für klimafreundliche Wärme und Mobilität. Wärmepumpen, ob im Einfamilienhaus oder im Quartier, zeigen, dass die Zukunft elektrisch ist. Und am Verbrenner-Aus darf nicht gerüttelt werden.
Das Energiesystem der Zukunft muss zudem residuallastfähig sein. Nicht nur der Ausbau zählt, sondern auch die Anpassung an die wetterabhängige Erzeugung. Schwankungen müssen ausgeglichen werden, durch Speicher, intelligente Netze und digitale Steuerung. Während Länder wie Schweden, Frankreich oder Italien schon über 90 Prozent Smart Meter installiert haben, liegt Deutschland noch unter fünf Prozent. Das Potenzial ist enorm: vom Lastmanagement in der Industrie über E-Autos als mobile Speicher bis hin zu einem Boom bei Heimspeichern.
Entscheidend ist außerdem: Forschung und Innovation sind unser schärfstes Schwert im Kampf gegen die Klimakrise. Ob Photovoltaik, Windkraft, Wasserstoff oder Speicherlösungen, zentrale Impulse kommen aus Baden-Württemberg. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg, das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) in Stuttgart und viele andere Forschungseinrichtungen zeigen, wie Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zusammenarbeiten können.
Und: Die Energiewende gelingt nur gemeinsam. Sie ist keine rein technische Aufgabe, sondern ein gesellschaftliches Projekt. Bürgerinnen und Bürger, Kommunen und Unternehmen müssen mitgenommen und beteiligt werden. Energiegenossenschaften, Bürgerbeteiligungsmodelle zeigen, wie Klimaschutz vor Ort funktioniert. Wenn Menschen selbst profitieren, wenn sie mitgestalten und Veränderung als Fortschritt erleben, dann wird die Energiewende zur echten Erfolgsgeschichte.
Doch während Baden-Württemberg vorangeht, erleben wir auf Bundesebene eine gefährliche Rolle rückwärts im Klimaschutz. Das Bundesverfassungsgericht hat 2021 klargestellt, dass auch künftige Generationen ein Recht auf eine lebenswerte Zukunft haben. Diese intertemporale Freiheitssicherung ist kein Symbol, sondern Verfassungsauftrag. Ganz ehrlich: Ich frage mich, ob die aktuelle Klimapolitik der Bundesregierung dem gerecht wird.
Was wir derzeit sehen, ist besorgniserregend. CDU-Politiker wie Bundeskanzler Friedrich Merz und Katharina Reiche stellen die Klimaziele in Frage und sprechen davon, Klimaschutz sei „überbetont“. Merz betont, Deutschland trage nur zwei Prozent zum weltweiten CO₂-Ausstoß bei und verschweigt, dass wir als große Volkswirtschaft eine enorme, auch historische Verantwortung tragen. Reiche überlegt die feste Einspeisevergütung für kleine Solaranlagen zu streichen und gleichzeitig auf neue Gasförderung setzen, auch in ökologisch sensiblen Gebieten wie vor Borkum. Damit wird Investitionssicherheit zerstört, Vertrauen verspielt und die Energiewende ausgebremst.
Diese Politik gefährdet nicht nur den Klimaschutz, sondern auch unsere Wirtschaft. Denn nichts zu tun ist sechsmal teurer, ökologisch, ökonomisch und sozial. Klimaschutz ist Menschenschutz. Er schützt Arbeitsplätze, stärkt Innovation und schafft Perspektiven und Lebensqualität vor Ort.
Das war eine richtig gute Veranstaltung, mit vielen klugen Fragen, viel Energie im Raum und der klaren Erkenntnis: Es braucht uns Grüne in der Regierung, sonst droht eine Rolle rückwärts. Ich trete an, weil ich will, dass Klimaschutz weiter konsequent umgesetzt wird. Baden-Württemberg zeigt, dass Fortschritt möglich ist, wenn man ihn will. Jetzt müssen wir den Mut haben, weiterzugehen, in die Zukunft Erneuerbar.