Als Kreisrätin war ich bei der feierlichen Eröffnung und Inbetriebnahme der neuen Photovoltaikanlage am Deutschen Institut für Textil- und Faserforschung (DITF) in Denkendorf eingeladen. Mit einer Leistung von 830 Kilowattpeak gehört sie zu den größten Anlagen der Region. Künftig wird sie bis zu 20 Prozent des Strombedarfs des Instituts abdecken – perspektivisch sogar 35 Prozent, wenn weitere energetische Modernisierungen umgesetzt sind. Finanziert wurde das Projekt mit 1,6 Millionen Euro, wovon das Land Baden-Württemberg 1,4 Millionen beigesteuert hat. Das ist ein starkes Signal: Forschungseinrichtungen gehen hier mit gutem Beispiel voran und zeigen, dass Klimaneutralität nicht nur eine politische Zielmarke, sondern ein konkreter Handlungsauftrag ist.
Im anschließenden Rundgang und bei der Führung durch die Labore wurde deutlich, wie breit und anwendungsnah die Arbeit der DITF aufgestellt ist. Seit über 100 Jahren forscht das Institut – heute mit rund 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – an Innovationen, die ökologische Verantwortung mit wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit verbinden. Besonders beeindruckt haben mich die Projekte rund um neue Materialien, die nicht nur leichter und effizienter, sondern vor allem nachhaltiger sind. Dazu gehören Carbonfasern aus dem Biopolymer Lignin, die dreimal günstiger hergestellt werden können als herkömmliche Carbonfasern und gleichzeitig wesentlich weniger Energie in der Produktion benötigen. Oder „Flexwood“, ein flexibles Holz-Textil-Material, das mit dem Innovationspreis der Bioökonomie ausgezeichnet wurde. Ebenso spannend sind Cellulosefasern aus Hanf, Stroh oder Baumwollabfällen, die eine echte Alternative zu Polyester darstellen und bereits gemeinsam mit Unternehmen wie Boss in Göppingen zur Anwendung kommen.
Besonders wichtig ist dabei die Verbindung von Forschung und Praxis. Die DITF arbeiten nicht im Elfenbeinturm, sondern entwickeln Technologien, die direkt in industrielle Produktionsprozesse überführt werden können. Das ist entscheidend, um die großen Herausforderungen in der Textil- und Faserindustrie zu bewältigen. Denn weltweit werden bislang nur rund ein Prozent aller Textilien recycelt – ein dramatischer Missstand, der enorme Ressourcenverschwendung bedeutet. In Denkendorf wird daran gearbeitet, diese Quote signifikant zu verbessern und echte Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen. Von der Entwicklung neuer Verbundstoffe über das Recycling von Carbonfasern bis hin zu abfallfreien biobasierten Materialien zeigt sich, wie praxisnah nachhaltige Innovation gedacht werden kann.
Für mich war dieser Besuch ein eindrückliches Beispiel dafür, dass wir solche Forschungseinrichtungen dringend brauchen. Sie leisten einen zentralen Beitrag, um die Transformation hin zu einer klimaneutralen, ressourcenschonenden und wettbewerbsfähigen Wirtschaft zu schaffen. Als Politik müssen wir die Rahmenbedingungen setzen, damit diese Innovationen aus den Laboren heraus in die breite Anwendung gelangen – in der Industrie, in den Kommunen, im Alltag der Menschen. Kreislaufwirtschaft, wie sie hier entwickelt und praktisch erprobt wird, ist kein Randthema, sondern eine Grundvoraussetzung für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft.
Mein Fazit: Die DITF in Denkendorf sind ein echtes Vorbild. Sie zeigen, wie Klimaschutz, wirtschaftliche Stärke und technologische Innovation zusammengehen können. Genau diese Verbindung braucht es, um Baden-Württemberg als Industriestandort nachhaltig zu sichern und gleichzeitig unsere Klimaziele zu erreichen.